Fitnessblasen

Einmal wollten wir wieder fit sein und gingen in ein Fitness-Studio, das um einen Parcours mit Wasserblasen zentriert war. Wir passierten schüchtern die Theke, hinter der braungebrannte, gut gelaunte und mit langen, für die Zwecke der Fitness eigentlich erstaunlich schlecht geeigneten Nägeln ausgestattete Trainer einen mit Vornamen und hallo ansprachen. Sie waren offenbar angewiesen, auch Getränke mit interessanten Namen zu verkaufen. 

In einem großen Raum war es eher leer. Der Parcours bestand aus mehreren Geräten, mit denen man die Oberschenkel, den Bauch, den Rücken und andere Stellen am Körper, deren Existenz wir meistens nicht wahrhaben wollten, trainieren sollte. Exakt in deren Mitte stand ein längliches Gefäß mit bunten Blasen, und eben als wir schon fragen wollten, wozu es gut sein, kam ein blonder, hagerer Mann auf uns zu, der ebenfalls trainierte. Wir drei waren die einzigen Kunden, die den Parcours benutzten. 

"Ihr müsst, wenn es blubbert, das Gerät wechseln", sagte er.

Er sah sehr ernst aus.

"Danke", murmelten wir, "sehr nett, vielen Dank."

Die ganze Sache war ihm offenbar sehr wichtig. Er begann, Gewichte zu stemmen, und wir alle trainierten als einzige in dem Parcours.

"Ihr müsst rechtzeitig wechseln, wenn es blubbert", sagte er und sah uns von seinem Gerät aus an. "Sonst gibt es Stau."

"Alles klar, danke"; sagten wir. 

Als es blubberte, wechselten wir das Gerät.

Offenbar nicht schnell genug. Der Mann, der eigentlich einige Geräte weiter trainierte, sagte: "Ihr müsst WECHSELN WENN ES BLUBBERT, OKEE?"

"Ja, danke, das haben wir, danke."

"Ihr müsst es rechtzeitig tun, ihr seid nicht die einzigen, die hier trainieren."

"Ja, alles klar."

Wir hatten so ein, zwei Geräte durch, aber der Mann sagte es immer wieder: "Bitte die Geräte wechseln, wenn es blubbert!"

Kurz überlegte ich, ob er ein Roboter war. Aber er war echt, seine Sehnen, Muskeln und Haut sahen ziemlich eindrucksvoll aus. Er hatte etwas von einem Nazi in einem Hollywoodfilm.

Wir schwitzten und es wurde uns immer heißer, unangenehm.

Wir flüsterten uns zu, dass wir nun besser den Raum verließen.

"Rechtzeitig wechseln!" rief er uns nach. 

Wir waren einen Raum weiter, dort, wo die Laufbänder mit den Fernsehern sind, als er uns nachkam und auffällig herübersehend seine Bauchmuskeln auf dem Boden trainierte.

Er sprach nicht mehr über die Blubberblasen, die etwas Magisches hatten: sie wühlten das Wasser auf und ließen es vielfarbig leuchten. Statt zu trainieren hätte ich gern stundenlang die Blasen betrachtet. Vielleicht hatte der Mann meinen innersten Wunsch erahnt.

Es schien mir, dass er uns nachsah, als wir das Studio verließen, um nie wiederzukommen.

Den Beitrag haben wir, aus schlechtem Gewissen, Faulheit oder aus dem Gefühl von etwas Unabgeschlossenem heraus noch zwei Jahre weiter bezahlt.

Kommentare

Beliebte Posts