Baby Boy (aus "Dinge als Kind")
Als du eintrittst in den Raum, in dem Stühle gerückt und Dinge verschoben werden, hörst du es schon klingen im Raum, summen es schon einige: das Lied mit dem Babyboy. Der Leiter des Chors hat weiße Haare und Charisma, sagte jemand, und Verständnis, glaubst du, für dich, und auf dem Ausflug damals wolltest du immer neben ihm laufen und ihm was erzählen, und er plauderte einige Minuten mit dir und wandte sich dann ab, ich erinnere auch ein Handtuch oder Schweißtuch, gab es mir wer? Und Sand, der glühte.
Ein Hallraum, Stimmen, Erwachsene, ein Klavier irgendwo, und es muss Abend gewesen sein, früher Abend. Ein Auftritt musste vorbereitet werden, der Saal bestuhlt, und vielleicht rückte jemand neben einigen Stühlen auch das Klavier an seinen Platz.
Wir sangen „La Cucaracha“. Und „Mama`s got a baby boy, and they say that his name was Jesus“.
Der Chorleiter fragte: ob wir wüssten, was das heißt: Baby Boy.
Ich wollte dringend auf etwas stolz sein, ich nickte also, er sah mich an, unter dem weißen Haar, neulich hatte ich gewusst, dass Störtebeker ein Pirat war, und jetzt könne ich ja sagen, was das heiße, ich wollte mich verstecken, denn obwohl ich beide Worte kannte, „baby“ und „boy“, verstand ich nicht, kriegte ichs nicht zusammen.
Babyboy war ein Wort für mich, schwankend, unsicher, als würde man mit einem Boot auf Wasser fahren und man sei ohne Halt an Bord.
Ich stand zwischen den Stühlen und sah den Erwachsenen zu, die alle etwas taten, zu tun hatten, und meine Finger kneteten meine Kindertasche, kneteten am roten Rand, und ich hatte nachgeschaut, und wenn er wieder fragte, würde ich es wissen, und meine Lippen formten das „baby“, das ich ja lange nicht war, und dann das „boy“, das ich nie sein würde, mit langem O, das innen leer war.
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