Aufprallen

Einmal ging ich im Winter, in einer Silvesternacht, der letzte Bus war weg, und auch die letzte Straßenbahn schon durch, an den Gleisen entlang nach Hause und fiel auf dem Eis.

Noch immer fasziniert mich im Nachhinein die Härte des Aufpralls: ein Schlagen, ein kurzer, harter Laut, Stoß ins Gesicht, nahe den Gleisen, auf Beton, doch die Zähne: heil. Ich befühlte sie, zuerst mit der Zunge, dann mit den Händen, auf einer Hand, auf allen Vieren, kroch ich, noch immer kann ich sofort in Gedanken meinen eigenen Aufprall noch hören, dieses harte, kurze, steinerne Geräusch.
Mein Herz raste kurz, in meinem Kopf pochte es, die Glieder schmerzten, ich war am Boden.
Und richtete mich auf.
Ich stand wieder auf, im Wintermantel, stand dann, tastete noch einmal die Zähne ab: kein Blut, nichts.
Ein Kratzer am Arm. Mein Mantel hatte einen Riss.
Hier war niemand.
Die Strumpfhose klebte an meinen Beinen.
Über die Gleise der Straßenbahn wuchs Gestrüpp.
Es war ein verhangener Tag, der Himmel zart blau, vor allem weiß
Ein früher Morgen.
Ein neues Jahr.
Bis eben hatte ich in der Stadt gefeiert, nun war ich allein.
Wenn ich den Kopf ein wenig drehte, sah ich die Straße. Bei geschlossenem Auge und mit Konzentration waren die Autos auch zu hören.
Kurz klopfte ich mich ab -- Schnee, Eis. Die Hände eiskalt.
Dann ging ich weiter.
Ungaretti schreibt, man nehme nach dem Schiffbruch die Fahrt wieder auf wie ein alter Seebär.
Ich war eine alte Seebärin, ich ging jetzt nach Hause.
Heil war ich, ganz heil, unverletzt.
Und dort an der Schwelle begann das neue Jahr.


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