Touristen

In meiner Stadt gibt es viele Besucher auf der Suche nach Romantik und Betörung. Sie fotografieren sich mit den Promotern für Biobrot und benutzen dabei riesige Selfie-Sticks, die in der Sonne glänzen. Finden vieles „amazing“, aber wenn es ihnen reicht, sagen sie: „Pretzels, Pretzels, that`s nice, alright, but I need a beer now!”

In Prag lebte ich gegenüber der deutschen Botschaft. Im Winter sah ich dabei zu, wie das Wappen einschneite und rauchte dabei Zigaretten und schrieb. Von unten hörte ich die Touristen sagen: Unsere Botschaft, das ist unsere Botschaft! So wie Verliebte sagen: Hey! Sie spielen unser Lied.

Ich mag Touristen, aber auch ich bin nicht immer bester Laune. 
So ertappe ich mich auch bei kleinen, gezielten Bosheiten. 
Ich laufe extra schnell, mit diesem „lassen Sie mich durch-ich-habe etwas-Wichtiges-zu-tun-im Gegensatz-zu Ihnen“-Blick. Oder, dies ist noch wirkungsvoller, ich warte darauf, bis jemand ein Bild der Ruine macht und latsche dann genau in diesem Augenblick in den Bildfokus. 
In den Fotoalben dieser Touristen sehe ich riesig, verzerrt und monströs aus, oder wie ein Schatten, der ihre Ausflugssonne verdunkelt. 

Meist aber gehe ich lächelnd vorbei, und wenn jemand mich fragt, weise ich gerne den Weg.
Das ist ganz gerecht so, man sollte Touristen gegenüber immer freundlich sein, denn einmal ist jeder Tourist auf der Welt.


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