Generation Zuspät
"Warum hast du mir das angetan?
Ich habs von einem Bekannten erfahrn
Du hast jetzt einen neuen Freund
Zwei Wochen lang hab ich nur geweint"
(Die Ärzte: zu spät)
Mich verfolgt das essentielle Gefühl, bei allem zu spät dran zu sein. Das gilt nicht nur für das Innehaben eines ordentlichen Berufs, den Besitz einer Eigentumswohnung, oder das Kinderkriegen. Vor ein paar Tagen las ich die Ankündigung zum "Open Mike 2008". Bestimmt geht der Reporter, der das geschrieben hat, auch zum Event selbst, dem Wettlesen junger Autoren in Berlin. Dann gibt es einen Artikel, und die Autoren, die da sind, freuen sich über die Publicity, oder sie freuen sich auch nicht, weil sie nicht so publicitysüchtig sind wie ich. Natürlich dachte ich: Typisch, als ich 1999 beim "Open Mike" eingeladen war, hat mich keiner interviewt. Was nur halb wahr ist, da ein sehr guter Freund einen Artikel für die "Badische Zeitung" verfasste, in dem ich auch vorkam. Der Eindruck, zu spät gekommen zu sein, ist ein Zwilling des Eindrucks, zu kurz zu kommen und daher manchmal resistent gegen die Wirklichkeit. Das erste Mal überfiel mich dieses bösartige und missgünstige Gefühl, als ich 1995 in einem Supermarkt ein bekanntes Magazin aufblätterte und darin ein Riesenartikel über das Lebensgefühl der Leute fand, die "Abi 95" gemacht hatten. Während ich zum Abiturjahrgang 1994 gehöre. Toll, dachte ich, mein Jahrgang ist wohl nichts Besonderes. Tatsächlich bin ich nicht nur bei Weitem zu jung für die Woodstock-Generation, die ich als Teenie super fand, sondern sogar zu jung für die Grunge-Generation, auch Generation X genannt, die mal ausgerufen wurde, und zu der ich ob meines Musikgeschmacks gerne gehört hätte. Zu den im Folgenden ausgemachten Generationen von "Golf" bis "Web 2.0" habe ich mich nun wirklich nicht zählen wollen. Neulich entdeckte ich, dass ich einen 50-Mark-Schein besitze. Er hat tatsächlich jahrelang zwischen zwei Buchseiten gesteckt. Für Notzeiten. Obwohl die schon mehrmals hereingebrochen waren, habe ich ihn nie gefunden und ergo nie umgetauscht. Zu spät, dachte ich, obwohl mir wohlmeinende Freunde sagten, man könnte das noch erledigen. Aber ich habe diesbezüglich bereits resigniert. Kein Wunder, gehöre ich doch zu der Generation, in der die Ärzte ganz groß waren. Ihren Hit "zu spät" habe ich damals rauf und runter gehört. Das Ich-zeigs-euch allen-Ding jedenfalls habe ich voll verinnerlicht: "...dann bin ich ein Star, der in der Zeitung steht, und dann tut es Dir leid, doch dann ist es zu spät!" Nach der Reunion der Ärzte in den 1990ern konnte ich dann endlich zwei Konzertkarten ergattern. Irgendwann vor dem Konzert merkte ich schmerzlich, dass es zu spät war: Ich war zu alt, um die Ärzte noch wirklich cool zu finden. Die Karten habe ich dann meiner kleinen Schwester geschenkt.
Ich habs von einem Bekannten erfahrn
Du hast jetzt einen neuen Freund
Zwei Wochen lang hab ich nur geweint"
(Die Ärzte: zu spät)
Mich verfolgt das essentielle Gefühl, bei allem zu spät dran zu sein. Das gilt nicht nur für das Innehaben eines ordentlichen Berufs, den Besitz einer Eigentumswohnung, oder das Kinderkriegen. Vor ein paar Tagen las ich die Ankündigung zum "Open Mike 2008". Bestimmt geht der Reporter, der das geschrieben hat, auch zum Event selbst, dem Wettlesen junger Autoren in Berlin. Dann gibt es einen Artikel, und die Autoren, die da sind, freuen sich über die Publicity, oder sie freuen sich auch nicht, weil sie nicht so publicitysüchtig sind wie ich. Natürlich dachte ich: Typisch, als ich 1999 beim "Open Mike" eingeladen war, hat mich keiner interviewt. Was nur halb wahr ist, da ein sehr guter Freund einen Artikel für die "Badische Zeitung" verfasste, in dem ich auch vorkam. Der Eindruck, zu spät gekommen zu sein, ist ein Zwilling des Eindrucks, zu kurz zu kommen und daher manchmal resistent gegen die Wirklichkeit. Das erste Mal überfiel mich dieses bösartige und missgünstige Gefühl, als ich 1995 in einem Supermarkt ein bekanntes Magazin aufblätterte und darin ein Riesenartikel über das Lebensgefühl der Leute fand, die "Abi 95" gemacht hatten. Während ich zum Abiturjahrgang 1994 gehöre. Toll, dachte ich, mein Jahrgang ist wohl nichts Besonderes. Tatsächlich bin ich nicht nur bei Weitem zu jung für die Woodstock-Generation, die ich als Teenie super fand, sondern sogar zu jung für die Grunge-Generation, auch Generation X genannt, die mal ausgerufen wurde, und zu der ich ob meines Musikgeschmacks gerne gehört hätte. Zu den im Folgenden ausgemachten Generationen von "Golf" bis "Web 2.0" habe ich mich nun wirklich nicht zählen wollen. Neulich entdeckte ich, dass ich einen 50-Mark-Schein besitze. Er hat tatsächlich jahrelang zwischen zwei Buchseiten gesteckt. Für Notzeiten. Obwohl die schon mehrmals hereingebrochen waren, habe ich ihn nie gefunden und ergo nie umgetauscht. Zu spät, dachte ich, obwohl mir wohlmeinende Freunde sagten, man könnte das noch erledigen. Aber ich habe diesbezüglich bereits resigniert. Kein Wunder, gehöre ich doch zu der Generation, in der die Ärzte ganz groß waren. Ihren Hit "zu spät" habe ich damals rauf und runter gehört. Das Ich-zeigs-euch allen-Ding jedenfalls habe ich voll verinnerlicht: "...dann bin ich ein Star, der in der Zeitung steht, und dann tut es Dir leid, doch dann ist es zu spät!" Nach der Reunion der Ärzte in den 1990ern konnte ich dann endlich zwei Konzertkarten ergattern. Irgendwann vor dem Konzert merkte ich schmerzlich, dass es zu spät war: Ich war zu alt, um die Ärzte noch wirklich cool zu finden. Die Karten habe ich dann meiner kleinen Schwester geschenkt.
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