Helden
Minigolf passte zu unserer Stadt, sie war sehr klein.
Alle Jugendlichen spielten in ihrer Freizeit Minigolf.
Die Anlage lag neben dem Freibad, nahe am Wald. Alle schwitzten immer, wenn sie spielten. Die Kleider waren zu groß, es waren die 80er Jahre. Mädchen hatten Mecki-Ponys und Dauerwellen. Jungs trugen alles aus Jeans, sie WAREN Jeans.
Wenn sie empfindsam waren, hörten sie A-HA oder überhaupt Männergesang mit Oberstimme. Es gab Filme, wo Mädchen cool und Drummer waren, sich die Jungs aber erst in die blonden Mädchen mit Dauerwelle und Goldschmuck verliebten, die Freundinnen des besten Ballsportspielers der Schule waren.
Beim Minigolf konnte man sich "beweisen": Gezielte kleine Schläge, und der Ball flog hoch über die Hindernisse und mitten ins Herz des Ziels: durch komische Spiralen, weit fort über Miniaturseen, in denen vielleicht nachts Zwerge badeten, lange, ins geheimnisvolle Innere schmutzbesetzte Röhren.
Immer war es zu heiß.
Jeder beobachtete jeden.
In Karten, deren Farbe so orange war wie die alten Stühle aus den 70ern, auf denen man bisweilen noch hier und da zu sitzen kam, aus einer Zeit, die man jetzt als peinliche Vergangenheit belachte, wurden die Punkte eingetragen. Die Schläger mietete man und trug sie mit sich unter schwitzigen Achseln herum, die noch nicht rasiert waren.
Viel reden musste man nicht. Anfeuern reichte. Lachen.
Oder auch mal zu Boden schauen oder ins Schwarz eine der Röhren.
Hinterher gingen alle Eis essen.
Mädchen und Jungen schwiegen aus Scham und aus Verlegenheit. Zu hören war nur das Klack Klack an die Ränder der Eisbecher, die KARIBIK hießen oder VENEZIA oder SCHOKOBECHER.
Alle träumten davon, wie gut es eben noch beim Minigolf gewesen war, als sie Helden waren mit ihrem Sieg, Helden einer kleinen, aber für sie ganzen Welt.
Kommentare
Als wir den Aushang zur städtischen Minigolfmeisterschaft lasen, meldeten wir uns natürlich an und malten uns bereits aus, was wir mit dem Preisgeld von 100 DM machen würden.
Wir wurden Letzter (ich) und Vorletzter (mein Freund).