Thomas Pynchon und die Kacheln im Bad
Lange wusste ich nicht, wer Thomas Pynchon ist. Fehlanzeige. Nie gehört. Auf Empfehlung las ich "Die Versteigerung von Nr. 49". Seither scheint die Welt zu wimmeln vor Anspielungen auf Thomas Pynchon. Pynchon - Jelineks Lieblingsautor. Pynchon - Tausendsassa und letzter Vertreter der Postmoderne. Pynchon - der große Unbekannte, von dem nur ein verschwommenes Schwarzweißbild mit Hasenzähnen und Segeluniform existiert. Pynchon wird 70. Pynchon hat einen neuen Roman geschrieben, dessen Handlung wirr bleibt. Meine Entdeckung des Vorhandenseins Thomas Pynchons bildet genau den Plot des obengenannten Buches ab. Die Protagonistin Oedipa stößt zufällig auf das Zeichen des Posthorns, das ihr nie zuvor aufgefallen ist. Sie kommt nach und nach einer riesigen Verschwörung auf die Spur, in der eine Band, die "Paranoia" heißt, abgehalfterte Exschauspieler, wahnsinnige Nazi-Psychiater, durchgeknallte Shakespeare-Regisseure, sowie eine Fülle weiterer Nebenfiguren eine Rolle spielen. Plötzlich entdeckt Oedipa, dass das ganze Universum voll von Posthornzeichen ist. Aber vorher: Nie aufgefallen. Fehlanzeige. Das ist wie mit den Kacheln im Bad meiner Oma. Wenn man auf der Toilette saß, konnte man sich abwechselnd vorstellen, dass man braune Vierecke auf weißem Grund sah oder weiße Vierecke auf braunem Grund. Die Welt kann einem also abwechselnd vorkommen wie ein recht angenehmer, gut organisierter Ort, oder aber wie ein von einer unglaublichen Verschwörung beherrschter wirr-chaotischer Raum. Welche Vision gewinnt? Bezüglich des Buches von Thomas Pynchon muss ich das erst noch herausfinden. Ich werde es heute zu Ende lesen.
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