Falsche Freunde

Serienmörder faszinieren. Ihre Taten regen zur Phantasie, ihre Person zur Fiktionalisierung an - so dass im kulturellen Gedächtnis fast kein Unterschied mehr zu bestehen scheint zwischen Charles Manson und "Hannibal Lecter". Leicht geraten literarische oder filmische Produkte dabei in den Sog ihrer eigenen Ästhetik der Gewalt. Der im letzten Jahr erschienene Comic Mein Freund Dahmer, der den Werdengang des Serienkillers Jeffrey Lionel Dahmer nachzeichnet, entzieht sich dieser Gefahr durch Stil und Erzählperspektive.

Dahmer, Sohn eines Physikers, ermordete zwischen 1978 und 1991 mutmaßlich siebzehn junge Männer, an deren Leichen er sich verging. Der Serienkiller begegnet uns im Comic als Schüler - geschildert wird seine Jugend als verschrobener Außenseiter aus der Sicht seines ehemaligen Klassenkameraden Derf Backderf. Nur auf den ersten Blick klammert "Mein Freund Dahmer" dabei die eigentlichen Morde aus. Im lässigen Stil der Underground-Comics der 1970er Jahre bietet das Buch einen grausamen Einblick in die Abgründe menschlicher Einsamkeit und eine unaufgeregte Reflexion darüber, wie Gewalt entsteht - wie aus einem Außenseiter mit quälenden sexuellen Phantasien ein brutaler Killer wird.

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