Yogamatte falling


Ich besaß einmal eine Yogamatte, die mir meine Mutter geschenkt hatte. Beim Lüften fiel sie von meinem Fenster in den Bauschacht vor meinem Haus. Weil ich unter Anämie litt, was ich noch nicht ahnte, obgleich alle Anzeichen doch darauf hindeuteten, war mir ständig schwindelig, und ich konnte kaum atmen. Es war Sommer und manchmal fast vierzig Grad heiß. Ich wohnte unter dem Dach in einem ehemals besetzten Haus, und um uns wurde gebaut, manchmal in Vierundzwanzig-Stunden-Schichten – nachts noch sah man die Bauarbeiter unter der Laterne, verschattet, mit tiefen Augenringen, ihre Augen glichen den meinen im blassen Gesicht. Gegenüber wurden Häuser errichtet und direkt vorm Haus Straßenbahnschienen verlegt. Die Schienen feierte ich als Anzeichen der Ankunft der Moderne.
Als ich nach unten ging, um die Yogamatte zu holen, als ich nahe am Schacht stand, um mich Hitze und Staub und die Rufe der Bauarbeiter, wurde mir so schwindelig, dass ich glaubte, es würde sich ein Sog entwickeln und mich, mitten im Versuch der Rettung meiner Yogamatte, ins Nichts ziehen. Ich schaute die Yogamatte noch einmal an: Es war eine besondere Matte mit zotteligem Fellbelag, sie war einmal sehr teuer und edel gewesen und gab warm, und es hatte schon mehr als ein Besucher auf ihr übernachtet. Die Sonne stand hoch am Himmel, ich schaute mir die Straße an, die Tram, das Haus, in dem ich wohnte – von unten ein ungeschlachter Kasten –, und alles kam mir, obgleich doch von unten, nicht von oben betrachtet, sehr klein vor.
Einige Tage später kamen Bagger, und es wurde viel Staub aufgewirbelt und Sand umgeschichtet, und dann war die Yoga-Matte verschwunden.
Allerdings war mir Yoga von jeher suspekt gewesen.

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