Kind
Ein Kind mit Ponyfransen, Kinder in
Parkas, mit langen Haaren, kleinen Wünschen, großer Hoffnung, verschwitzt
hereinkommend vom Spielen, atemlos, Hoola-Hoop-Reifen über dem Arm: Und die
Freunde haben sie nicht bis zum Schluss mitspielen lassen! Immer sitzen sie auf
den Garagendächern und schauen und spielen Kirschkerne runterspucken, sie
kriegen die Kirschen von der Tante mit dem schlechten Atem, aber Kinder, die zu
viele davon essen, müssen sterben – Kirschen gegessen, Bauchweh gekriegt, ins
Krankenhaus gekommen.
Und wer trocknet ein solches Kind ab, ein
verschwitztes, atemloses Kind, ein einen langen Weg gekommenes Kind, mit diesen Sorgen, dass es zu wenige Murmeln
bekommen hat, es hat nicht getroffen, es hat alle verloren, auch die blaue
Murmel, die an das Meer erinnert, wo sie einmal waren, mit dem Campingbus, und
wo das Kind die rote Mütze trug, und es trotzdem einen Sonnenbrand im Gesicht
hatte, die Haut sich löste, in kleinen Fetzen herabhing, wo der Hund starb, ein
großer Hund, dort, wo der Campingplatz sandig wurde und wie eine Wüste aussah
(lange noch das Hecheln des Hundes im Ohr, die hervorquellenden Augen).
Das Kind kommt in den kühlen Raum, die
Straße war lang, fast hat es sich in die Hose gemacht, es kommt hinein, und das
Haus der Eltern ist leer. Das Kind ruft, aber keine Antwort kommt. Wer wird das
Kind abtrocknen, das verschwitzte Kind, wo findet es ein Handtuch, die Eltern
sitzen auf dem Balkon, die Mutter starrt ins Nichts, der Vater hat seine Hand
auf ihrem Knie, aber als das Kind hereinkommt, legt die Mutter die Hand vom
Knie, und das Kleid wirft an dieser Stelle noch Falten, zitternde Falten sieht
das Kind, und das Kind will rennen, aber der Raum ist endlos, es wird nicht
ankommen, nicht heute, so bleibt das Kind stehen und schaut sich nicht um.
(Sammlung kurzer Texte, 2005-2012)
(Sammlung kurzer Texte, 2005-2012)
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