Anrufen für Stalin

Als die Wahl zum "berühmtesten Tschechen" anstand, wohnte ich gerade in Prag. Persönlichkeiten wie Karl IV, Jan Hus und Vaclav Havel waren Favoriten beim Rennen um den Titel. Später wurde in Deutschland Konrad Adenauer zum "größten Deutschen" gewählt.
Immerhin: Hitler stand nicht auf der Liste.
Hingegen lassen es sich die Fernsehanstalten in Russland natürlich nicht nehmen, beim russischen Pendant der Show das Väterchen Dschughaschwili zur Auswahl zu stellen. Und prompt wurden über 500000 Stimmen für Stalin abgegeben: Das reichte, nachdem der Diktator lange Zeit sogar ganz vorne lag, am Ende immerhin für Platz drei in der Wahl zum "größten Russen". Wer früher als Kind sich für den "Wunschfilm" der öffentlich-rechtlichen Anstalten sich die Finger krumm wählte, kann sich die Dialoge in russischen Haushalten mit pubertierenden Jugendlichen gut ausmalen: Kind 1: "Ich will für Stolypin anrufen!" Kind 2: "Ich für Stalin!" Mutter: "Kinder, jeder darf einmal anrufen!" Was die Kinder so in der Schule über Geschichte lernen, malt man sich allerdings besser nicht aus.

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